Ist „Sauber“ das neue „Rein“?

Sehr geehrte Leser des TechnoPharm-Journals,

der Reinraum in seinen unterschiedlichen Ausprägungen, Druckverhältnissen, Monitoring usw. als Bestandteil des regulatorisch geforderten Zonenkonzepts bei der Herstellung von Arzneimitteln ist in der Pharmaindustrie bekannt, genutzt, aber nicht immer geliebt, da auch als Kostenfaktor problematisch. Was soll in diesem Zusammenhang das Stichwort „Sauberraum“? Ist dies ein neuer Ansatz, das regulatorische Umfeld noch unübersichtlicher zu machen, oder handelt es sich hier tatsächlich um einen Denkanstoß und damit um ein Konzept, die Pharmaproduktion sicherer und letztlich kostengünstiger zu machen?

Ein Beitrag aus dem Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) provoziert in der aktuellen TechnoPharm-Ausgabe mit dem Thema „Reinraum versus Sauberraum“. Auf den ersten Blick soll hier ein Konzept aus der Automobilindustrie für eine Verbesserung der Produktqualität sorgen. Da regt sich bei Vielen Widerstand: Automobilindustrie, schon wieder? Verbesserung der Produktqualität? Und das nach Dieselskandal und Partikelproblematik – jetzt wird es politisch! Vielleicht aber auch nicht, denn das Konzept der Partikeldetektion und -analytik zur Untersuchung der Prozesse und deren Optimierung hat schon etwas für sich: Partikel (egal welcher Größe) stören jeden Prozess der Wirkstoff- oder Arzneimittelherstellung. Hier werden neue Ansätze zur Root Cause Analysis (man hört schon im Hintergrund das Stichwort „GMP“) diskutiert. Dies geschieht zwar unter dem für die Pharmabranche merkwürdigen Stichwort „Sauberraum“, aber es lohnt sich trotzdem, darüber nachzudenken.

Es geht um einen neuen Ansatz, ein neues Konzept, nämlich darum, Partikel nicht einfach aus der Produktion mittels teurer Filtersysteme zu entfernen, sondern die Bildung, Agglomeration und Adhäsion von Partikeln auf Oberflächen durch einen intelligenteren Prozess auszuschließen. Wenn es denn funktioniert, ist das ganz schön clever und kann die Produktion kostengünstiger machen.

Die Pharmabranche sollte über den Tellerrand schauen und auch von der aktuell viel gescholtenen Automobilindustrie lernen – was das Fraunhofer IPA ganz offensichtlich gemacht hat und uns mit seinem Beitrag nahelegt!

Ihr
Dr. Frank Stieneker
Wissenschaftlicher Beirat TechnoPharm

Ihr
Jens Renke
Redaktion TechnoPharm

TechnoPharm 2017, Nr. 6, Seite 307